Mit einer Einschaltquote von 3, 51 Millionen Zuschauern fiel die quantitativ messbare Zuschauerresonanz auf das TV-Drama „Mobbing“ eher durchwachsen aus. Positiv waren indes die zahlreichen Reaktionen von Betroffenen, die den Autoren eine glaubwürdige Figurenzeichnung und saubere Recherche attestierten, sowie die geradezu hymnischen Besprechungen der Fernsehkritiker. Klaudia Wick schreibt in der „Berliner Zeitung“: „Der Film verlässt deshalb alsbald sein Themenfeld Mobbing und beackert eine angrenzende Frageflur: An wie vielen Zuschreibungen hängt eine Lebensliebe? An welche äußeren Faktoren ist eine bürgerliche Existenz geknüpft? Und was wird aus alldem, wenn keiner mehr weiß, was wird?
Mit Eva und Volker Zahn hat die Regisseurin Nicole Weegmann vor fünf Jahren für das mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Fernsehspiel ‘Ihr könnt euch niemals sicher sein‘ zusammengearbeitet. Wie seinerzeit zum Thema Schüler-Amok gelingt es auch hier, die Geschichte weder in Täter und Opfer noch die Moral in Recht und Unrecht einzuteilen. Stattdessen legen beide Filme eindrücklich frei, wie sehr wir von unseren Lebensumständen abhängen, wie Zukunftsangst und Selbstunsicherheit unsere Urteilskraft prägen und was Sprachlosigkeit anrichten kann.“
Auch FAZ-Autorin Heike Hupertz würdigt explizit die Arbeit der Drehbuchautoren: „Gibt es Frau Dr. Schulz überhaupt? Man sieht sie nicht, kein einziges Mal. Man kennt sie nur vom Hörensagen (…) Und später, als man sich arrangiert hat mit der neuen Chefin des Kulturamts, als das Tuscheln plötzlich aufhört und das Schönreden beginnt, erfährt man da wirklich etwas von Frau Dr. Schulz, der behaupteten Vorgesetzten-Katastrophe, die die Mitarbeiter erst demütigt, dann kaltstellt, zermürbt, immer hoffend, sie würden von sich aus kündigen?
Man weiß es nicht, man erfährt es nicht wirklich. Und die Frage wird bis zum - bitteren - Schluss zwar gestellt und umkreist, aber nicht dingfest gemacht und beantwortet in diesem Fernsehfilm, der wieder einmal zeigt, dass es erst eines Drehbuchs mit außergewöhnlichen Qualitäten und klugen Entscheidungen bedarf, um einen außergewöhnlich guten und klischeefernen Film zu drehen. (…) Eva und Volker A. Zahn, das drehbuchschreibende Ehepaar, ist bekannt für Sozialstücke, die auf unsentimentale, aber nachhaltig emotional wirkende Weise aufrütteln. Ihre Arbeiten haben stets ein Anliegen und eine Haltung, aber es könnte sein, dass man davon auf den ersten Blick nichts merkt. Auch in ‘Ihr könnt euch niemals sicher sein‘, dem mit Preisen bedachten Film über einen Jugendlichen, der einen Amoklauf an seiner Schule zu planen scheint, liegen die Dinge nicht so einfach, wie man sie sich vielleicht wünscht. Mit Nicole Weegmann hatte dieser Film eine Regisseurin, die in angmessen kalten und hoffnungsfernen Bildern die wachsende Verzweiflung des Jungen visuell zu übersetzen vermochte. Auch in ‘Mobbing‘ ist Nicole Weegmann die Regisseurin, und wieder gelingen ihr Szenen von großer Intensität, welche die (unaufhaltsame) Verfallsgeschichte einer großen Liebe und einer vorbildlichen Familie sowie ihrer sozialen Beziehungen zeigen.“
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Anlässlich der Ausstrahlung des TV-Dramas MOBBING (am 25. Januar 2013 um 20, 15 Uhr auf ARTE) haben die Drehbuchautoren Eva Zahn und Volker A. Zahn der ARD-Pressestelle ein kurzes Interview gegeben (Foto links: Eva und Volker A. Zahn nach der Verleihung des ver.di-Fernsehpreises 2010):
Frage: In keiner Szene zeigt der Film konkrete Mobbingattacken. Es werden dafür eindringlich die Auswirkungen auf den Betroffen und auf dessen Familie, besonders auf die Ehefrau, gezeigt. Welche Möglichkeiten eröffnen sich aus dieser sehr fokussierten Perspektive??
Eva Zahn: Die radikal subjektive Perspektive ist im Roman vorgegeben und hat für uns auch das Besondere dieser Erzählung ausgemacht. Spannend daran ist, dass eine Frau von Mobbing betroffen ist, ohne sich dagegen wehren zu können. Sie muss sich beim allem, was passiert, auf ihren Mann verlassen, sie will helfen, sie gibt Ratschläge, sie tröstet, sie mischt sich ein. Aber je weniger sie ausrichten kann, desto mehr stellt sie ihren Partner und dessen Verhalten infrage, langsam schleicht sich das Gift in ihre Beziehung, da ist plötzlich Misstrauen, Kritik, Wut… die Verhältnisse verschieben sich, am Ende stirbt die Liebe.
Volker A. Zahn: Wenn jemand im Job gemobbt, drangsaliert oder entwürdigt wird, gehen die Folgen weit über die Arbeitswelt hinaus, betroffen sind in den meisten Fälle auch die Familien, im Militär-Jargon würde man von „zivilen Opfern“ sprechen.
Frage: Das Schreiben eines Drehbuchs folgt ganz eigenen Gesetzen. Welche Kompromisse gegenüber dem Roman von Annette Pehnt haben Sie dabei eingehen müssen? Wie „authentisch" ist die Verfilmung?
Volker A. Zahn: Annette Pehnts Roman ist große Literatur. Viel innerer Monolog, die Zeitebenen kunstvoll verschoben, wenig Handlung, kurzum: Gift für jede Film-Dramaturgie. Für uns war dieses wunderbare Buch eine große Herausforderung, und wir haben erst gar nicht versucht, einen Kompromiss zu finden. Wir wollten den Geist und den Kern des Romans unbedingt erhalten, und wir haben nicht einen Moment daran gezweifelt, dass die radikal subjektive Erzählperspektive aufgeweicht werden darf.
Eva Zahn: Natürlich mussten wir die Figur der Antje aktiver gestalten, in der Literatur kann eine Hauptfigur sehr viel passiver angelegt sein als im Film. Bei uns sollte Antje ein Fels in der Brandung sein, sie sollte um die Liebe kämpfen, erschöpft und wütend, aber bis zum bitteren Ende optimistisch. Wir mussten uns von vielen schönen Dingen, die im Roman stehen, trennen, wir mussten einiges dazu erfinden, neu strukturieren, aber ganz wichtig war uns immer, dass sich Annette Pehnt am Ende in diesem Film wiederfindet. Und das ist uns zum Glück auch gelungen.
Frage: Die Vernichtung einer Lebensperspektive lässt auch den Zuschauer ratlos zurück. Welche Hinweise geben Sie dem Publikum auf die Frage, wie einem solchen Teufelskreis zu entkommen wäre?
Volker A. Zahn: Wir sind Geschichtenerzähler und keine Ratgeber-Autoren. Unsere Aufgabe beschränkt sich darauf, zu zeigen, wie Menschen in bestimmten (Krisen)Situationen reagieren, und was sie damit auslösen. Und was ist schon „richtig“ oder falsch“? Was die einen für Sturheit und Beratungsresistenz halten, ist für andere Rückgrat und Gradlinigkeit.
Eva Zahn: Menschen in Krisen-Situationen verhalten sich eben in der Regel nicht „richtig“, und unter rein dramaturgischen Gesichtspunkten ist das auch gut so!
„Selten wurde ein so ätzendes Thema so gut fürs Fernsehen umgesetzt. Anschauen!“ Nicht nur die „Süddeutsche Zeitung“ fand anlässlich der TV-Premiere des Fernsehfilms „Mobbing“ (auf ARTE) lobende Worte für das Drama von Eva Zahn und Volker A. Zahn. „‘Mobbing‘ überzeugt als subtiles Horrorstück, ein leises, aber verstörend explizites Psychodrama“, urteilt der „Spiegel“, und das „Hamburger Abendblatt“ resümmiert: „‘Mobbing‘ löst beim Zuschauer Betroffenheit und Mitleid gleichermaßen aus, ohne dass effektvoll die Tränendrüse gedrückt worden ist. Wann erreicht ein Fernsehspiel noch so eine Wirkung? Diese Romanverfilmung ist ein überaus gelungenes Beispiel dafür, dass auch in Deutschland schwierige Stoffe adäquat für das Fernsehen aufbereitet werden können.“ „Die Brillanz der Schauspieler, die Schärfe des Skripts und die prägnante Inszenierung sorgen für ein gnadenloses, herausragendes TV-Stück“, befindet „TV Spielfilm“, und der Filmkritiker Rainer Tittelbach schreibt auf seinem lesenwerten Portal „der fernsehfilm-beobachter“: „Was am Arbeitsplatz beginnt, endet im Fernsehfilm ‘Mobbing‘ in der Familie. Mobbing ist ein sozialer Zersetzungsvorgang. Ängste, Projektionen, Demütigungen lassen am Ende auch die Liebe sterben. Der fein akzentuiert inszenierte Film von Nicole Weegmann nach dem konzentrierten Buch von Eva & Volker A. Zahn ist auch ein höchst aufschlussreicher Film über die ‘Entliebung‘ eines Ehepaars. Susanne Wolff und Tobias Moretti gelingt ein furioses Doppel. Sie können sich hinter nichts verstecken: keinen anderen Figuren, keinen Genre-Ritualen, keinem Alltagsgeplänkel. Beziehungshorror zweier angeschlagener Seelen.“ (vollständige Kritik unter: http://www.tittelbach.tv/programm/fernsehfilm/artikel-2318.html). Ulrike Frenkel schreibt in der „Stuttgarter Zeitung“: „Annette Pehnt hat diesen Prozess der langsamen Zermürbung eines Menschen, diese bürgerliche Tragödie aus der Angestelltengesellschaft, die tief in eine Familie hineinwirkt, in ihrem Roman ‘Mobbing‘ beschrieben, lakonisch, vielschichtig, sprachmächtig. (…) Man durfte also durchaus fürchten, dass eine Verfilmung des Stoffes scheitern könnte, wie sollte man auch die ständig wechselnden Zeitebenen der Vorlage, die Innenperspektive der Erzählerin, die Zwischenräume zwischen Wirklichkeit und Wahn, die sich bei den Betroffenen auftun, ins Bild setzen? Aber sie ist gelungen, wofür vor der herausragenden Besetzung und der sensiblen Regie von Nicole Weegmann vor allem die Drehbuchautoren Eva und Volker A. Zahn verantwortlich sein dürften.“
Auch Barbara Sichtermann zieht im Berliner „Tagesspiegel“ ein ausgesprochen positives Fazit: „Einmal fällt der Satz: 'Unsere Arbeitswelt produziert Psychos am laufenden Fließband.‘ Genau darum geht es in diesem Film. Dass eine solche Botschaft unplakativ, im Rahmen des Schauplatzes Haus und Familie, der selten verlassen wird, sowie nach den Regeln des familienkompatiblen TV-Movies filmisch umgesetzt wird, ist eine ungewöhnliche Leistung.“