Eva Zahn & Volker A. Zahn
Drehbuchautoren



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Anlässlich der Auszeichnung mit dem Adolf-Grimme-Preis 2009 veröffentlichte die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) ein Interview mit den Drehbuchautoren Eva Zahn und Volker A. Zahn, das wir im folgenden dokumentieren:
WAZ: Wie kamen Sie auf das Thema Amok?
Zahn: Nach dem Blutbad von Erfurt gerieten diverse Jugendliche, die wegen dummer, unbedachter oder falsch verstandener Äußerungen als potenzielle Amokläufer gehandelt wurden, ins Visier von Polizei und Justiz. Uns hat der Gedanke fasziniert, dass ein Heranwachsender beweisen muss, dass er die Gewalttat, die angeblich verhindert wurde, gar nicht verübt hätte. Ein eigentlich unmögliches Unterfangen, das sich noch dadurch dramatisiert, dass ein Jugendlicher, der mit dem Rücken zur Wand steht, in so einer Situation normalerweise alles falsch macht.
WAZ: Nun ist es wieder passiert. Es gab einen weiteren Amoklauf. Überrascht?
Zahn: Nein, weil wir mit diesem Phänomen wahrscheinlich weiterhin leben müssen. Daran werden auch runde Tische zur Gewaltprävention, schmucke Notfall-Ordner oder die reflexartige Verdammung so genannter Killerspiele nichts ändern.
WAZ: Wird uns das Thema weiter verfolgen?
Zahn: Vermutlich ja. Es werden weiterhin Jugendliche gekränkt und gemobbt werden, es wird weiterhin Schüler geben, die die psychische Disposition für eine solche Tat haben, und Waffen werden sich diese Menschen auch in Zukunft besorgen können. Über Sinn und Unsinn von ganz realen Ballerspielen in Schützenvereinen oder Waffenclubs wird hierzulande ja erstaunlich wenig diskutiert.
WAZ: Erst Amoklauf, dann kollektive Hysterie. Wo führt das hin?
Zahn: Sonderlinge oder Einzelgänger werden unter Generalverdacht gestellt, das gegenseitige Misstrauen wächst, und die Chance, über grundsätzliche Probleme unseres Bildungssystems nachzudenken, wird erneut vertan. Der Fokus richtet sich wieder auf Gewaltvideos oder das Internet. Kaum jemand stellt ein Schulsystem infrage, das Menschen ausgrenzt und aussortiert, statt sie zu fördern. Wir reden zu wenig über eine ideologisch kontaminierte Bildungspolitik, die überfällige Reformen seit Jahren blockiert. Wir hören kaum etwas über die Rolle und die Qualifikation der Lehrer. Wir vermissen eine hinreichende Würdigung von Bildung durch die Politik, eine Würdigung, die sich nicht nur in hehren Worten, sondern vor allem in Taten und Geldern bemessen lässt. Aber selbst wenn wir unser Schulsystem endlich von Grund auf umkrempeln, werden wir wahrscheinlich mit der Gefahr von Amokläufen weiter leben müssen.

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