Eva Zahn & Volker A. Zahn
Drehbuchautoren



Aktuelles


„Borowski und der Fluch der weißen Möwe“ ist der poetische Titel des zweiten „Tatorts“, den Eva und Volker A. Zahn für die Kieler Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Alma) geschrieben haben. Regie bei diesem Kriminaldrama, das im Umfeld  einer Clique von Polizeischülern spielt, führt der vielfach ausgezeichnetenKino-Regisseur Hüseyin Tabak.  

Und darum geht's: Während eines Workshops, den die Kommissare Klaus Borowski und Mila Sahin an einer Kieler Polizeischule abhalten, kommt es zu einem fatalen Zwischenfall. Völlig überraschend sticht die Polizeischülerin Nasrin Erkmen (Soma Pysall) bei einer praktischen Übung auf ihren Mitschüler Sandro (Louis Held) ein. Der junge Mann erliegt wenig später seinen Verletzungen. Der Fall sorgt für öffentliche Empörung. Fragen nach den Gründen ihres Tuns prallen an Nasrin ab. Sie kann sich abgeblich an nichts erinnern. Oder hat sie etwas zu verschweigen? Für Tobias Engel (Enno Trebs), Nasrins Freund und ebenfalls Teilnehmer an dem Workshop, bricht eine Welt zusammen. Bei den Ermittlungen stoßen Borowski und Sahin auf den Fall von Jule (Caro Cult): Die junge Frau hatte sich kurz vor der Tat vor Tobias‘ Augen von einem Hochhaus gestürzt – und war eng mit Nasrin befreundet…

Das "Tatort"-Team wird vervollständigt durch Thomas Kügel als Vorgesetzter (Kriminalrat Roland Schladitz) und Anja Antonowicz (Gerichtsmedizinerin Kroll). Zu den weiteren Darstellerinnen und Darstellern in dieser Folge gehören Stefan Hegli, Kida Ramadan (u. a. Grimme-Preis und Deutscher Fernsehpreis für seine Rolle in "4 Blocks"), Philipp Jacob und Anne Zander.

Produzentin ist Kerstin Ramcke (Nordfilm GmbH), ausführender Produzent: Johannes Pollmann, Kamera: Lukas Gnaiger (arbeitete bereits 2012 bei dem preisgekrönten Drama "Deine Schönheit ist nichts wert" mit Regisseur Hüseyin Tabak zusammen), Redaktion: Sabine Holtgreve (NDR). Der "Tatort: Borowski und der Fluch der weißen Möwe" wird gefördert mit Mitteln der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH). Ein Ausstrahlungstermin steht noch nicht fest.

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Das ist ein schöner Moment, wenn die Schauspielerinnen und Schauspieler zum ersten Mal deine Dialoge sprechen und sich an die Rollen und Charaktere heranpirschen. Stephan Kampwirth nuschelt seine Sätze souverän, Nina Kronjäger liest mit fester Stimme, und Thomas Heinze garniert seinen Text bereits mit jener Alphamännchen-Pose, die wir dieser Figur angedichtet hatten.

Leseprobe für „Was wir wussten - Risiko Pille“ (Arbeitstitel), unseren neuen Mittwochsfilm fürs Erste, ein Drama über den ganz alltäglichen Opportunismus am Arbeitsplatz (Ausstrahlung voraussichtlich im Herbst 2019). Fast alle Schauspielerinnen und Schauspieler, die an dieser Westside Produktion für den NDR mitwirken, sind nach Köln gekommen, die Stimmung ist gut, wir diskutieren über die Haltung der Figuren, streiten über einzelne Dialogsätze, überprüfen die Regie-Anweisungen, es gibt viele Fragen, ein paar wenige Missverständnisse, einmal wird es etwas lauter, aber am Ende weiß jeder, der im Raum ist – inklusive des Autoren-Paars –, ein bisschen mehr über die Geschichte, die Charaktere und die Vision dieses Dramas als vor der Leseprobe.
Regisseurin Isa Prahl hatte nichts gegen unsere Anwesenheit. Ganz im Gegenteil: Schauspielerinnen und Schauspieler stellen ständig Fragen, sie hadern oft mit ihrer Rolle oder kapieren nicht, warum sie sich in einer bestimmten Szene auf eine bestimmte Art und Weise verhalten sollen. Sie kommen dann manchmal auf komische Ideen, denken sich eigenen Text aus oder – der worst case! – „legen die Figur neu an“. Es gibt Regisseure, die gucken dann hilflos zu oder sie befeuern diesen Prozess noch. Wenn etwas Neues entsteht, so ihre Hoffnung, kommt bestimmt irgendwas Gutes dabei raus. Aber oft geht ein Film genau in diesen Momenten in die Hose, die innere Logik ist futsch, da ist es gut, wenn ein Autor, der das große Ganze im Blick hat und seine Figuren besser kennt als die eigene bucklige Verwandtschaft, sein Wissen in die Runde wirft und korrigierend oder erklärend eingreift.
Eine Leseprobe ohne Autorinnen und Autoren?
Eigentlich unlogisch!

Als wir renitente Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren vor über einem Jahr ausheckten, was „Spiegel online“ ein paar Wochen später zum „Aufstand der Autoren“ hochjazzte, ahnten wir nicht, dass auch Punkt 3 unserer „Kontrakt 18“ genannten Selbstverpflichtung auf so viel Widerstand stoßen würde: „Die Autorin/der Autor wird zu den Leseproben eingeladen“, heißt es da lapidar, und überdies, dass man uns bitte den Eintritt in Vertragsverhandlungen zukünftig (ab 1. Juli 2018) mit weiteren Optionen schmackhaft machen möge: Ladet uns zur Rohschnittabnahme ein, lasst uns gemeinsam und einvernehmlich die Regie besetzen, übertragt uns die Verantwortung für das Buch bis zur Drehfassung, und wenn ihr mit dem Film-Projekt an die Öffentlichkeit geht, solltet ihr lieber nicht unerwähnt lassen, wer sich das gute Stück ausgedacht hat.

Die Reaktionen in der Branche: Einerseits ungläubiges Kopfschütteln, ein leichter Anflug von Panik und bisweilen auch wütende Abwehr-Reflexe. Andererseits solidarischer Beifall aus allen Gewerken und Verwunderung darüber, dass diese Rebellion, die eigentlich Selbstverständliches fordert, nicht schon viel früher stattgefunden hat.

Viele Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren haben neben dem Hang zum Alkohol auch einen Hang zum Lamento. Jeder Kölner Autoren-Stammtisch, den wir in den Jahren vor „Kontrakt 18“ organisiert haben, war ein feuchtfröhlicher Ausflug ins Jammertal. Opa erzählt vom Krieg in der Filmschreiber-Variante, die Anekdoten von Knechtschaft und Entwürdigung sind legendär. Und nach der Kneipensause schwankten wir dann in dem Wissen, dass es das Leben mit Menschen unserer Profession nicht gut meint, zurück an den Schreibtisch und warteten einsam und geduldig auf die nächste Demütigung.
Das Leben nach „Kontrakt 18“ fühlt sich irgendwie leichter an. Über 200 Kolleginnen und Kollegen sind inzwischen dabei, wir tauschen uns aus, sprechen Warnungen aus, sondieren, wer gut und wer schlecht zu uns ist, wir nennen Ross und Reiter, rufen uns gegenseitig an, tauschen Zahlen aus. Wir ertränken nicht länger unseren Frust im Alkohol, sondern saufen uns einen kleinen Rausch an, ein angenehm beschwipstes Gefühl von Souveränität und neuem Selbstbewusstsein.
Oder anders ausgedrückt: Aus dem Jammerlappen-Geschwader ist eine taffe Truppe von Aufmuckern geworden, ein Haufen von Kreativen und Content-Heroes, die endlich realisieren, was sie wert sind. Seit „Kontrakt 18“ wird hauptsächlich darüber gesprochen, wie Gutes entstehen kann, und nicht mehr – wie in den Jahrzehnten vor „Kontrakt 18“ – darüber, wie Gutes verhindert wird.

„Kontrakt 18“-Bedingungen gab es auch schon in der Zeit vor „Kontrakt 18“. Die Verträge für „Was wir wussten – Risiko Pille“, für unsere Filme mit Nicole Weegmann oder für die ZDF-Serie „Zarah – Wilde Jahre“ (Regie: Richard Huber) wurden zwar noch vor dem „Aufstand“ abgeschlossen, aber die Zusammenarbeit mit uns verlief – mit kleinen Abstrichen – bereits im „Kontrakt 18“-Style. Allesamt schöne Projekte, kein Produzent wurde ruiniert, die Regie hat mit eigener Handschrift inszeniert, und in allen Fällen waren unsere Partner eher erfreut als genervt übers längere Mitmischen der Autoren (von der Regie-Auswahl über Textänderungen am Set bis hin zum Rohschnitt-Gucken). Viele Menschen in der Branche, die keine Drehbücher schreiben, meinen deshalb, dass eine vertragliche Fixierung der „Kontrakt 18“- Forderungen überflüssig sei. „Machen wir doch schon immer so!“ heißt es dann im Gutsherren-Sound, never change a winning horse!
Aber die Bedingungen am Markt haben sich verändert, eine Anpassung der Verträge ist überfällig, es gibt jetzt mehr Abnehmer für unsere Stoffe, die Monopol-Stellung der großen Sender ist Geschichte. Früher waren wir dankbar, wenn uns die Gnade eines Auftrags ereilte, und für diese Gnade haben wir uns eine Menge gefallen lassen: Den minderbegabten Regisseur, der „Ich kann diese Scheiße nicht inszenieren!“ brüllt und das Skript in die Ecke pfeffert. Statt den Mann wegen schlechten Benehmens vor die Tür zu setzen, wird ihm von Sender und Produktion unser Buch anvertraut. Er hat ja schon einige „Tatorte“ inszeniert, solide TV-Ware, da weiß man, was man hat...! Oder die Produzentin, die uns nach zwei Jahren harter Arbeit an einem TV- Film aus dem Projekt kickt, weil wir uns gegen den strammen Marsch ins Mittelmaß wehren. Der Rauswurf erfolgt am Telefon (sehr beliebt in der Branche), Schlussmachen wie picklige Teenager, die via WhatsApp ihre Beziehung beenden. Fünfzig Prozent Honorar-Einbuße, keine ordentliche Begründung, keine formale Kündigung, einfach nur ein gepflegter Tritt in den Hintern.

Gegen die Verrohung der Sitten sind wir natürlich auch zu Zeiten von „Kontrakt 18“ nicht gefeit. Nicht umsonst lautet die häufigste Frage vieler Produzenten, ob und wie man uns trotz „Kontrakt 18“ immer noch schnell und problemlos loswerden könne. Aber zu Zeiten, da sich mehr Firmen und mehr Sender für unsere Ideen interessieren

als vor zehn Jahren, haben genau diese Reaktionen für uns eine entscheidende Lenkungswirkung: Produktionsfirmen, die „Kontrakt 18“ ablehnen, sind für uns aus dem Rennen. Es gibt Produzenten, die die Beteiligung der Autoren an der Leseprobe vertraglich festschreiben – aber nur unter der Bedingung, dass der Autor die Reisekosten trägt. Die Botschaft ist klar: Kohle ist wichtiger als Qualität! Sollen wir solchen Leuten tatsächlich unsere Geschichten anvertrauen?! Auch Produktionsfirmen, die großzügig einräumen, dass der Autor zur Regie-Besetzung irgendwas sagen darf, was im Endeffekt niemanden interessiert, werden von der Liste unserer potenziellen Partner gestrichen. Der Vertrag für unseren neuen Borowski-„Tatort“ wurde nach Maßgabe von „Kontrakt 18“ gestaltet, am Ende einer angenehm sorgfältigen Suche stand Regisseur Hüseyin Tabak ganz oben auf der Wunschliste von Sender, Produktion und Autoren. Uns hat zur Zustimmung ein längeres Gespräch gereicht, das Erspüren von Hüseyins Leidenschaft für die Geschichte, zu sehen, wie jemand Lust und den Grips hat, sich auf diesen Stoff und die Figuren einzulassen... Bei „Was wir wussten – Risiko Pille“ war es nicht anders. Isa Prahl war sich von Anfang an unserer Vision bewusst, ihr war klar, dass sie keinen Pharma-Skandal erzählt, sondern eine Geschichte über die Verführbarkeit der Menschen. Wir haben nicht „bestimmt“, dass sie Regie führt, sondern wir haben uns ganz einfach mit ihr und ihrer Regie-Vision wohlgefühlt. Isa und Hüseyin sind keine Erfüllungs-Gehilfen, sondern haben ihren ganz eigenen künstlerischen Anspruch, sie suchen den Kontakt zum Autoren-Team, sie lassen sich mit Leidenschaft und Klugheit auf unsere Geschichten ein und bereichern sie mit ihrer inszenatorischen Kunst, sie stecken keine Claims ab, sie sind keine Regie-Autokraten, sie machen eigene tolle Vorschläge, und wenn ihre Vorschläge weniger toll sind, lassen sie sich diese Vorschläge auch wieder ausreden, sie sprechen jede Text-Änderung mit uns ab, sie maßen sich nicht an, die besseren Autoren zu sein (so wie wir uns niemals anmaßen würden, die besseren Regisseure zu sein). Und wenn einer von beiden uns gebeten hätte, bei der Leseprobe nicht dabei zu sein, weil er/sie diese wichtige erste Begegnung mit den Schauspielern als intimen Moment für sich bewahren wollte, hätten wir nichts dagegen gehabt.

Weil wir ihnen vertrauen!
Und das unterscheidet diese Art von Regisseuren von den Inszenierungs-Königen und Set-Fürsten, die in der Debatte um „Kontrakt 18“ keine überfällige Anpassung feudalistischer Zustände ans zeitgemäße und Team-orientierte Filmemachen sehen, sondern einen Anschlag auf ihre Vormachtstellung. Kein Wunder, dass bei diesem Regie-Typus seit „Kontrakt 18“ die Angst vor „schwarzen Listen“ umgeht. Allen Ernstes wurde auf einer Mitgliederversammlung des „Bundesverbands Regie“ darüber diskutiert, die moderaten Kräfte aus dem „Verband Deutscher Drehbuchautoren“ gegen die Hardliner und Extremisten von „Kontrakt 18“ in Stellung zu bringen. Geht’s hier noch um Filme oder schon um den Weltfrieden!?

Dabei ist die schwarze Liste in Wirklichkeit eine weiße. Namen von fairen Produktionsfirmen, Redakteuren oder Regisseuren, die zeigen, dass das Prinzip der Augenhöhe unter Kreativen nicht nur funktioniert, sondern Großartiges hervorbringt, stehen in den aktuellen Favoriten-Charts der Autorenschaft ganz weit oben, viele Firmen und Regie-Kollegen ziehen trotz anfänglicher Skepsis nach. Endlich arbeitet zusammen, was zusammen gehört, und alles andere möge bitte der Markt richten: Regisseure, die „Kontrakt 18“-Bedingungen als Anmaßung empfinden, sollen sich Autoren suchen, die keine Lust oder das Bedürfnis haben, die zusätzliche Mühe und Verantwortung, die „Kontrakt 18“ mit sich bringt, zu schultern. Und Redakteure und

Produzenten, die das Drehbuch für eine eher großzügig interpretierbare Werkstufe halten, sollen sich ebenfalls an den passenden Autoren-Typ halten.
Wo ist das Problem?!
Das Problem ist die Änderung von Abläufen, die sich über Jahre eingespielt haben, das Problem ist eine konservative Fixierung auf die Regie, das Problem ist die mutmaßliche Götterdämmerung, die manche, die sich für Götter halten, nicht ertragen, das Problem ist das Ende der Zuteilungs-Willkür, die Buch und Regie oft nicht nach dem Prinzip der bestmöglichen Kombination verknüpft hat, sondern nach Gutdünken, wegen einer Vorliebe fürs Namedropping oder aus schlichter Gedankenlosigkeit. Und das Problem ist die Angst vor enervierenden Einmischungen, vor noch mehr Diskussionen, vor einem Schuss Unberechenbarkeit. „Beim Film“, schrieb uns ein Produzent allen Ernstes, „reden schon so viele Leute mit. Wo soll das hinführen, wenn sich jetzt auch noch die Autoren einmischen!?“ Natürlich gehen wir vielen Leuten in der Branche auf die Nerven. Manche Produzenten haben Angst vor unseren mutmaßlichen Allmachts-Fantasien, die sie geradewegs in den finanziellen Untergang führten, wir seien jetzt in der Lage, große Projekte mit einem Fingerschnipsen platzen zu lassen. Der Sender will Regisseur XY, die Autorin kann ihn nicht leiden, er riecht aus dem Mund und guckt ihr nicht nur in die Augen. Weg damit! Projekt tot! Produzent pleite!

Nach einem Jahr „Kontrakt 18“ haben sich die Nerven etwas beruhigt, es ist noch kein Millionen-Deal an schlecht gelaunten Autoren gescheitert, kein Produzent musste Konkurs anmelden, viele Regisseure finden sich zwar neuerdings in Casting- Situationen wieder („Wer passt zum Buch?“), aber es wird gedreht und gedreht und gedreht... und die Qualität zeigt eher nach oben als kellerwärts.

Wir machen diesen Job seit über 25 Jahren, circa 130 Drehbücher, die wir geschrieben haben, wurden verfilmt, wir lieben diesen Job, der mitunter hart, mühselig, kräfte- und nervenzehrend ist, wir freuen uns auf jedes neue Projekt, weil wir das Abenteuer, in das wir uns dabei stürzen, lieben, es macht Spaß, gemeinsam mit klugen Menschen etwas Großartiges auf die Beine zu stellen. Aber nach so vielen Jahren in diesem Beruf hat uns „Kontrakt 18“ noch einmal den ultimativen Motivationsschub verschafft. Wir werden auch weiterhin lustvoll, hitzig und kontrovers mit Regie, Sendern und Produktion über unsere Geschichten und Figuren streiten, wir werden uns freuen, wenn jemand noch bessere Ideen hat als wir, wir werden unsere Art, zu arbeiten, nicht ändern...aber unsere Haltung und die Haltung uns gegenüber haben sich verändert, Augenhöhe und Respekt sind keine Versprechen mehr, sondern werden gelebt, und wenn Hüseyin dann anruft und darum bittet, noch einmal kurz mit uns über Szene 73 zu reden, weil ihm die Haltung der Figuren in diesem Bild noch unklar ist, wenn uns der nette Produzent aus Köln für unser Serien-Projekt einen zusätzlichen Creative Producer-Posten anbietet, wenn unser Stück für die langlaufende Serie in einen anderen Drehblock verschoben wird, weil wir unser Buch vor einem absehbar grausamen Regie-Schicksal bewahren wollen, und wenn dann zeitnah endlich auch über angemessene Honorare gesprochen wird... dann fragst du dich, warum wir auf diese Signale für eine bessere Welt der Drehbuchautoren eigentlich so lange warten mussten.

Auf dem Foto: „Kontrakt 18“-Mitinitiatoren Orkun Ertener, Kristin Derfler, Annette Hess und Volker A. Zahn (v.l.n.r.)

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Drehstart für das Workplace Drama „Was wir wussten – Risiko Pille“ : Der neue Mittwochsfilm von Eva Zahn und Volker A. Zahn (Produktion: Westside Film, Martin Zimmermann) erzählt von der Markt-Einführung einer umstrittenen Antibaby-Pille und dem Dilemma eines Pharma-Mitarbeiters, der zwischen moralischen Skrupeln, Alltagszwängen und Loyalitäts-Konflikten zerrieben wird. Regie bei der NDR-Auftragsproduktion (Redaktion: Donald Kraemer + Christian Granderath) führt Isa Prahl, die im letzten Jahr mit ihrem Kino-Debüt „1000 Arten, Regen zu beschreiben“ für Aufsehen sorgte.

Zum Inhalt: Eigentlich ist Dr. Carsten Gellhaus (Stephan Kampwirth) ein Mann mit Verantwortungsgefühl und einem moralischen Kompass. Privat steht der Vater zweier Teenie-Töchter an einer Wendemarke, seine Ehe ist nur noch eine Gefühls-Ruine, und mit beinahe jugendlichem Übermut verliebt er sich ausgerechnet in seine taffe Chefin Sabine (Nina Kronjäger). Beruflich hat er sich eingerichtet – ohne Karriere-Ehrgeiz, aber mit dem unbedingten Willen, seinen Job ordentlich zu machen. Er ist ein loyaler Angestellter, er mag seine Arbeit, und er verdient gut. Gellhaus will ein anständiger Kerl sein, aber die Umstände zwingen ihn dazu, Kompromisse zu machen, sich zu arrangieren, sich selbst zu beschwichtigen und zu belügen... Was tun, wenn die Pille, für dessen Markteinführung er mitverantwortlich ist, ungeahnte neue Risiken birgt? Und was tun, wenn diese Pille ausgerechnet von der eigenen Tochter eingeworfen wird?

Übermenschen in Film & Fernsehen schmeißen in so einem Fall die Brocken hin und zetteln Aufstände an. Aber Carsten Gellhaus ist kein Superheld, er ist ein Durchschnitts-Typ, der zeigt, wie schwierig es ist, sich aus Strukturen, Erwartungen und Zwängen zu befreien. Sein Dilemma ist weit verbreitet: Er will das Richtige tun, weiß aber, dass er eigentlich alles nur falsch machen kann, er wird zum Mitläufer und Mittäter, aber er hat längst die Mechanismen verinnerlicht, mit denen sich die eigenen Skrupel wegdrücken lassen. Und er zeigt, wie leicht es ist, Schuld auf sich zu laden. Kleine Fahrlässigkeiten, öfter mal ein Auge zudrücken, Statistiken und Risiken anders gewichten, ein bisschen Feigheit, die Gewissensfragen großzügig interpretieren, der ganz alltägliche Selbstbetrug... und ehe man sich versieht, steht man auf der Täterseite. Kurzum: Carsten Gellhaus ist einer dieser zahllosen Angestellten in der Pharmaindustrie, in Chemieparks, Krankenhäusern, Autofirmen oder Banken, die tagtäglich Entscheidungen mittragen, hinter denen sie nicht stehen und die mitunter schlimme Folgen haben. „Risiko Pille“ handelt von Selbstbetrug, Feigheit und davon, wie verführ- und manipulierbar die Menschen sind. Wir gehen mit auf die Reise eines Helden, der keiner ist, und beobachten Konzern-Angestellte, die ihren Job gut machen und dabei ungute Dinge tun. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig, Ähnlichkeiten mit Geschehnissen und Verfahren bei der Einführung neuer Medikamente hingegen vollkommen beabsichtigt.

Gedreht wurde bis Ende März in Niedersachsen und Köln, ein Ausstrahlungstermin ist noch nicht bekannt.

Auf dem Foto (v. l. n. r.) : Drehbuch-Leseprobe mit Oliver Fleischer, Luise Wolfram, Stephan Kampwirth, Eva Zahn, Volker A. Zahn, Thomas Heinze, Regisseurin Isa Prahl, Nina Kronjäger und Cem Ali Gültekin.

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„Juliane Bartel-Medienpreis“ für Eva Zahn und Volker A. Zahn

Juliane Bartel Preis
Bild © Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung/Copyright: Tom Figiel

Nach dem Robert Geisendörfer-Preis für ihr Amok-Drama „Das Leben danach“ (siehe Meldung unten) dürfen sich Eva Zahn und Volker A. Zahn über eine weitere besondere Auszeichnung freuen: Für ihre Drehbücher zur ZDF-Journalistenserie „Zarah - Wilde Jahre“ wurde ihnen in Hannover der Juliane Bartel-Medienpreis 2018 verliehen. (Foto links: Preisverleihung mit zugeschalteten Preisträgern). Mit dem renommierten Preis würdigt das Land Niedersachsen gemeinsam mit dem NDR Autorinnen und Autoren, die in ihren Beträgen auf ernste oder unterhaltsame Weise die Gleichstellung von Frauen und Männern thematisieren und dabei Rollenkonflikte oder Missstände sichtbar machen.

Nach Meinung der Jury zeichnet das Autorenteam in „Zarah“ „das Bild einer journalistischen Welt, die von rauchenden und rund um die Uhr Alkohol trinkenden Männern dominiert wird. Raue, sexistische Witze bestimmen ihren Alltag und zählen mehr als Talent. Die Charaktere werden überspitzt dargestellt und wirken gerade aus diesem Grund erschreckend echt. Die Witze spiegeln den Zeitgeist wider. Die Serie ermöglicht ein Verständnis für die Zerrissenheit und die Komplexität der Situation von Frauen in den 70er Jahren, irgendwo zwischen Karriere und Ideologie, Familie und einem Kampf für Emanzipation. Es ist eine Zerrissenheit, die teilweise noch heute aktuell ist.“

Die Laudatio auf das Autorenpaar und ihre Arbeit hielt am Abend der Verleihung die NDR-Redakteurin Angelika Henkel: „In der Redaktion ‚Relevant‘ - alter Mief. Es gibt eine Sekretärin, eine Redakteurin, sie kümmert sich um Kochrezepte. Später kommt eine Praktikantin dazu. Ihre Qualifikation: Die Tochter des Verlegers. Grrrrr. Ansonsten nur Männer, alte Männer. In diese Welt stößt: die Journalistin Zarah Wolf. Eine Feministin. Eine Alpha-Frau. Sie sorgt, mal mutig, mal übermütig, oft Grenzen überschreitend für Veränderungen. Wir erleben etwas, das es sonst im Fernsehen nur selten gibt: Längere Gespräche über Abtreibungen. Lesbische Liebe und Küsse. Eine Frau, die sich nicht lächerlich machen lässt, wenn sich andere verächtlich äußern. Eine Heldin. Und wir sind Zeugen von solchen Gesprächen. Die Mutter – krebskrank, sie hat es Zarah verschwiegen – sagt sinngemäß: Warum hätte ich dir das sagen sollen, was hätte das verändert? Zarah antwortet: ‚Dann wäre ich netter zu dir gewesen.‘ Ja, man muss manches Mal schlucken bei dieser Antiheldin. (…) Der Jury hat auch der Soundtrack gefallen, und die echten historischen Einspiel-Bilder. Es hat – ganz einfach – auch Spaß gemacht zu gucken!“

Die von Eva Zahn und Volker A. Zahn konzipierte und geschriebene Serie lief u. a. auf dem Film Festival Cologne sowie auf dem renommierten Input TV-Festival in Brooklyn, beim „Festival De La Creation Audiovisuelle Internationale“ in Biarritz ging „Zarah“ im Wettbewerb um die beste Serie an den Start, weitere Nominierungen gab es beim Jupiter Award („Beste Serie national“) und den „Seoul International Drama Awards“.

Weil „Zarah - Wilde Jahre“ die Quoten-Erwartungen des ZDF nicht erfüllte, war die Serie nach zwei Folgen aus dem Hauptabendprogramm zu ZDFneo verschoben und nach einer Staffel beendet worden. Für diese Entscheidung musste der Sender viel Kritik einstecken (siehe DWDL-Beitrag von Hans Hoff: https://www.dwdl.de/hoffzumsonntag/63726/zarah_im_zdf_ein_vermeidbarer_fehlschlag/). Inzwischen hat Programmdirektor Norbert Himmler eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, „Zarah“ vorschnell aus dem Programm zu nehmen. „Wir hätten – auch mit weniger Zuschauern – durchhalten müssen. Es geht um Verlässlichkeit. Zudem hätten wir uns mehr Zeit für die Entwicklung der Serien geben müssen.“

Alle sechs Folgen von „Zarah - Wilde Jahre“ sind aktuell  in der ZDF Mediathek abrufbar: https://www.zdf.de/serien/zarah-wilde-jahre

 

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Eva Zahn und Volker A. Zahn sowie Regisseurin Nicole Weegmann wurden am 16. Oktober im Künstlerhaus am Münchner Lenbachplatz für ihren Fernsehfilm „Das Leben danach“ mit dem Robert Geisendörfer Preis 2018 ausgezeichnet (auf dem Foto links Nicole Weegmann, rechts Kirchenpräsident Volker Jung). Der Preis wird seit 1983 alljährlich von der evangelischen Kirche für herausragende publizistische Leistungen in deutschen Hörfunk- und Fernsehsendern verliehen. Gewürdigt werden insbesondere Sendungen, die das persönliche und soziale Verantwortungsbewusstsein stärken, die zur gegenseitigen Achtung der Geschlechter und zum guten Miteinander von Einzelnen, Gruppen und Völkern beitragen oder einen Beitrag zur Überwindung von Gewalt leisten. Zur Begründung schreibt die Jury: „‘Das Leben danach‘ erzählt eine fiktive Geschichte der realen Tragödie und vermittelt: Genausokönnte es gewesen sein. Den Autoren Eva und Volker A. Zahn ist ein großartig dichtes, aber keineswegs überladenes Drehbuch gelungen – akribisch recherchiert, mit großer Empathie für Menschen, deren bisheriges Leben und damit ihre Zukunft durch die furchtbaren Geschehnisse gleichsam pulverisiert worden sind. Mit Nicole Weegmann ist eine Regisseurin am Werk, die eindringlich die gebrochenen Figuren inszeniert und ganz große schauspielerische Leistungen evoziert. Sie lässt uns Toni und Sascha nahekommen, ihre emotionalen Eruptionen mitfühlen, was bisweilen kaum auszuhalten ist, und dabei zugleich in ihre Abgründe blicken. ‘Das Leben danach‘ ist ein hochkomplexes, hochintelligentes Trauerdrama, das sich konsequent mit den Folgen von Schuldgefühlen und der Frage von Schuld auseinandersetzt, ganz nebenbei die institutionalisierten Bewältigungsversuche aufs Korn nimmt und am Ende des Tunnels vielleicht sogar die Möglichkeit des Verzeihens andeutet.“ 

Zuvor war das Loveparade-Drama bereits für den Grimme-Preis nominiert worden und lief auf verschiedenen Festivals (München, Brooklyn u. a.), beim Kinofest Lünen gewann „Das Leben danach“ den Publikumspreis, und das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen zeichnete den WDR-Film mit dem „Medienkulturpreis“ 2018 aus. Auch die Kritiker ließen sich von dem Werk begeistern. „Oft erschlagen bei diesen Produktionen die großen Themen die kleinen Figuren“, befand „Spiegel online“ und resümmierte: „Dass es hier nicht so ist, ist auch Regisseurin Nicole Weegmann und den Drehbuchautoren Eva und Volker A. Zahn zu verdanken. Die drei waren zusammen auch für den Mittelstandsselbstzerfleischungstrip ‘Mobbing‘ verantwortlich. Mag am Anfang bei ihren Arbeiten das gesellschaftspolitische Sujet stehen, so ist dieses Sujet doch stets in einen sozialen Kosmos eingebettet, dessen Figuren Leben atmen. Schönes, scheußliches Leben. (…) Ein Film, der zeigt, dass Trauer sich nicht per Fingerschnippen auflöst - und dass Katastrophen keine Jahrestage brauchen, um zu zeigen, wie sie in den Menschen nachwirken. Lebenszeichen aus dem Tunnel: Duisburg Calling!“ Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ urteilte: „‘Das Leben danach‘ ist großes Fernsehen“, und der Kritiker der „Welt“ schrieb: „Eva und Volker A. Zahn haben die Geschichte der Toni Schneider erfunden auf der Basis von Hunderten Gesprächen mit Hinterbliebenen, Familien, Freunden, Schicksalsgenossen. Jella Haase zerschmettert in diesem Film endgültig die letzten Reste jener Chantal, mit der sie in den ‘Fack ju Göhte‘-Filmen berühmt wurde. (…) Dass Toni und Sascha sich anziehen, versteht man sofort. Dass das eigentlich auch nicht gut gehen kann auch. Dafür, dass Tonis Geschichte von dem Moment an, da ihr der Leiter ihrer Selbsthilfegruppe steckt, was Sascha wirklich ist, ein einziger Amoklauf ist, wird sie von Nicole Weegmann geradezu mit Samthandschuhen angefasst. „Das Leben danach“ ist kein Untersuchungsausschuss, kein Prozess. In Weegmanns Film stehen anders als in Ausschüssen und Prozessen die Opfer im Mittelpunkt und das, was Katastrophen wie die in Duisburg mit Überlebenden machen und mit denen, die mit Überlebenden leben müssen. (…)  Bei all dem Schrecklichen, das Sascha und Toni in sich tragen, das in sie hineinragt, das in Flashbacks und ein paar Dokumentarfilmszenen ohne jegliche Sensationsgier immer wieder mal als Albträume eingeblendet wird, bei alldem bleibt „Das Leben danach“ ein zutiefst menschlicher Film. Einer, der offensichtlich nah am Alltag ist. Lebendig. Und traurig. Und einen nicht loslässt.“

Mehr Infos zum Robert Geisendörfer-Preis unter: http://www.robert-geisendoerfer-preis.de

„Das Leben danach“ ist übrigens aktuell auf Netflix abrufbar: https://www.netflix.com/de/title/80220648

 

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